Barcamp Erfurt – junge Medien

Letztes Wochenende fand zum ersten Mal das Barcamp Erurt – junge Medien statt. Im Fokus stand die Mediennutzung der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen. Zielgruppe waren Medienschaffende, Kreative, Wissenschaftler, Blogger, Internetexperten, Software-Entwickler und Laien. Hauptaugenmerk war der stetige Dialog über Trends, Technik, Wissen und Visionen.

Knapp 70 Interessierte versammelten sich vergangenes Wochenende, um sich darüber auszutauschen, wie man die Kinder und Jugendliche auf das digitale Zeitalter vorbereitet und wie man ihnen einen kritischen Umgang mit den neuen sowie alten Medien nahe bringen kann.

Auch ich machte mich vergangenen Freitag in die Mitte Deutschlands auf. Nach nur knapp 2,5h Anreise war ich auch schon im Herzen Erfurts angekommen. Nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof war mein Quartier entfernt. Via Twitter (#bcef) und der Mixxt-Plattform blieb ich mit dem Organisationsteam in Verbindung. Schließlich fand am Freitag Abend (noch vor dem Deutschland-Griechenland EM-Spiel) eine spannende historische Altstadtführung statt. Die Innenstadt Erfurts ist sehr sehenswert – von mittelalterlichen Wohnhäusern über romantische Gässchen bis hin zu modernen KIKA-Figuren war alles zu sehen. Nach der Stadtführung habe ich beim Fußballspielsehen und danach schon einige Teilnehmer und das Orga-Team kennengelernt. Es war eine heitere Stimmung.

Am Samstag ging es gleich morgens 9 Uhr im Kindermedienzentrum mit einem leckeren und ausgewogenen Frühstück los. Zuvor erhielt ich mein Barcamp-Shirt und einen Jutebeutel an der Akkreditierung. Nach dem Frühstück begann die obligatorische Vorstellungsrunde und die Sessionplanung. Hier mein persönlicher Sessionplan des Wochenendes:

Samstag, 23.06.2012

  • Medienkompetenz mit Wiki (meine Session)
  • Projektbörse Matchmaking, Netzwerke (Dirk Kiefer)
  • Führung durch Schloss Einstein
  • Änderung des Lehrverhaltens (Constance Adlung)
  • mobile first – wie lernt der Nachwuchs Medien (Peter, @cainvommars)
  • Kompetenzen für Pädagogen + Eltern (@medienbewusstde)

Sonntag, 24.06.2012

  • Jugendliche & social Networks (@cainvommars, @cappellmeister)
  • Medienkompetenz fördern (@medienbewusstde)

Wie ihr sehen könnt, war ein Thema sehr dominant – Medienkompetenz. Ich werde hier nur kurz anreißen, worum es inhaltlich in den einzelnen Sessions ging, denn in so gut wie allen Kleingruppen mündeten die Debatten in ähnlichen Schlussfolgerungen und Handlungsanweisungen.

Ich stellte mein aktuelles Projekt vor, welches ich bei der Twoonix Software GmbH betreue. Seit knapp zwei Jahren nutzen die beiden Medienklassen der Archenhold Oberschule in Berlin Treptow, ausgestattet mit eigenen Netbooks, unsere Wikitechnologie in ihrem täglichen Unterricht. Wie vielfältig das Wiki in den Unterrichtsfächern genutzt wird, zeigt meine Präsentation.

Im Mathematikunterricht wird ein eigenes interaktives Mathelexikon angelegt, ähnlich wie bei der Wikipedia. In den Fremdsprachen werden Mindmaps zu Vokabeln angelegt, was der Wortschatzerweiterung dient. In Geschichte, Deutsch und Geografie wurden Gruppenabeit und Projektlernen durchgeführt. Bei den letzteren Projekten war der Umgang mit den verschiedenen Medien ein fester Bestandteil. Beim Erarbeiten der Inhalte mussten die Schüler alle Quellen exakt angeben und auch der Umgang mit Bildmaterialien wurde thematisiert. Da es ein geschlossenes Wiki ist, konnten die Schüler auch zunächst bedenkenlos Fotos verwenden, die nicht unter einen freien Lizenz stehen, ohne das gleich der Abmahnanwalt vor der Tür steht. Die Schüler sind sich dessen auch bewusst, denn bei den Präsentationen werden auch solche Probleme angesprochen und der korrekte Umgang vermittelt. Das Tolle bei all den Projekten ist, dass die Schüler den Lernstoff mit ihren eigenen Worten wiedergeben. So kann jeder den zu lernenden Stoff verstehen und eine gute Klassenarbeit schreiben. Wenn man den Lehrbuchtext nicht versteht, schaut man einfach ins Wiki!

Die Session Projektbörse – Matchmaking und Netzwerke hat mir nicht gefallen. Dirk Kiefer hat den Wirkungsbereich der Thüringer Agentur für Kreativwirtschaft (THAK) sehr gut kurz und knapp vorgestellt. Doch dann folgte erneut eine Vorstellungsrunde der 30 Teilnehmer und mir entzog sich der Sinn des Zusammentreffens. Das war echt schade. Danach folgten nur noch spannende Sessions.

Nach der Mittagspause nahm ich an der Führung durch den Drehort von Schloss Einstein teil. Es war spannend hinter die Kulissen der Jugendserie zu schauen, die mittlerweile die 15. Staffel abgedreht hat und die 16. folgt auf schnellem Fuße. Interessant war v.a. zu sehen, was dort auf kleinstem Raum möglich gemacht wird und welche Filmtricks es gibt. Da wird einem gleich wieder bewusst, wie viel Illusion und Manipulation das Fernsehen betreibt. Damit komme ich auch gleich zu den weiteren Medien, die unsere Kinder und Jugendliche tagein tagaus nutzen.

Sie sind den Printmedien, dem Internet, den sozialen Netzwerken und den technischen Werkzeugen ausgesetzt. Doch wer vermittelt eigentlich den korrekten Umgang mit den Medien? Sind die Eltern in der Verantwortung? Sollen die LehrerInnen in der Schule die Verantwortung übernehmen? Sind Vereine, Medienpädagogen oder Organisationen da in die Verantwortung zu nehmen? Oder vielleicht doch einfach alle gemeinsam?

In allen Sessions, die ich zu der Thematik besucht habe, kreisten all die genannten Fragen. Diese wurden leider nicht wirklich beantwortet, was auch nicht schlimm ist. Aber zumindest wurden sie gestellt und die Multiplikatoren nehmen die Gedanken mit nach Hause.

Angefangen hat die Debatte mit dem Sonnen-Stuhlkreis zum Thema Änderung des Lehrverhaltens. Hier haben wir uns vor allem mit den Universitätsdozenten und den Lehrern befasst. Herauskam, dass es einen Großteil an Personal gibt, was sich den neuen Medien verwehrt, weil sie keinen Mehrwert für sich und ihre Lernenden entdecken. Außerdem fehlt es an Fortbildungsmaßnahmen, die so ausgereift sind, dass die Dozenten und Lehrer den Umgang mit den Web2.0-Tools erlernen. Einige Lösungsansätze bieten hier die Plattformen pb21.de, klicksafe oder medienbewusst, um hier mal erste Anlaufpunkte zu nennen.

Bei mobile first und den beiden Sessions von medienbewusst.de standen die Familien und die Schule am Pranger. Die Eltern erwerben die technischen Geräte (PC, Smartphone, Tablet PC) und kümmern sich gar nicht weiter darum, was dies alles für Folgen hat und was man mit den Geräten so anstellen kann. Hier erwarten die Eltern, dass die Lehrer dies im Unterricht zusätzlich zum Lernstoff vermitteln. Ist das der richtige Weg? Kann ich als Eltern meine Kinder mit der neuesten Technik ausstatten und dann die Verantwortung einach an die Schule übertragen und denken nach mir die Sintflut? Was ist das für ein Verhalten?

Sicherlich tragen auch die Lehrkörper Verantwortung und sollen die Kinder auf die Berufswelt vorbereiten und natürlich sollten sie sich dann auch mit den technischen Gegebenheiten befassen und auch die Handhabung und die kritische Nutzung vermitteln. Es ist aber meines Erachtens nach falsch, dies nur in der Schule vermitteln zu lassen.  Eltern, Lehrer, Medien- und Sozialpädagogen sollten einen Weg finden, gemeinsam Medienkompetenz zu vermitteln. In der schulischen Ausbildung ist dies nicht die einzige Kompetenz, die vermittelt wird – das sollte man sich auch mal vor Augen halten.

Ebenfalls sehr emotional war die Session Jugendliche und social Networks. Hier wurde die Frage in den Raum geworfen, ob schon 6-jährige sich in sozialen Netzwerken, wie z.B. schülerVZ tummeln sollten? Was sollte man den Kindern an die Hand geben? Wie sollen sie sich in der Öffentlichkeit des Internets bewegen? Was dürfen sie und was ist verboten? All diese Fragen wurden heiß debattiert. Mich persönlich hat ein Statement einer Sozialpädagogin sehr aufgeregt. Sie meinte, sie kenne Projekte, bei denen sich die Teenager mit Fake-Accounts in den sozialen Netzen anmelden und sich an sozialen Projekten beteiligen, z.B. Kampf für einen Sportplatz. Ich frage mich, warum werden die Kinder zum Lügen erzogen? Warum können sie nicht mit ihrem Klarnamen für ihre Meinung und Position einstehen? Stattdessen wird ihnen beigebracht, tue Gutes, aber unter einem Pseudonym? Na ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist.

Sollte es nicht so sein, dass die Kinder in der Familie gestärkt werden, dass man ihnen soziale Verhaltensregeln beibringt, die online und offline gelten? Es ist wichtig, dass in der Familie ein großes Vertrauen herrscht, sodass die Kinder mit allen Sorgen zu ihren Eltern gehen können, damit z.B. Mobbingversuche im Keim erstickt werden. Ebenso sollten die Kinder zu selbstbewussten Kindern erzogen werden, sodass sie sich nicht mit 20-jährigen Freunden brüsten müssen, wenn sie selbst erst 14 Jahre alt sind und so vielleicht Gefahr laufen könnten pädophilen Menschen zum Opfer zu fallen.

Ihr seht, es war ein sehr spannendes Barcamp, was hoffentlich eine Fortsetzung findet. Vielen Dank an die Sponsoren und das Organisationsteam. Auch hier hat die Familie eine wichtige Rolle gespielt. Die Omas haben für uns alle Kuchen gebacken, der sehr sehr lecker war – vielen lieben Dank!

Dies sind meine Schlussworte:

Eltern sollten ihre Kinder zu tollen Menschen erziehen, mit Liebe und Respekt, mit Verstand und Herz!

Hier könnt ihr noch ein paar Schnappschüsse aus Erfurt genießen:

1 Kommentar zu „Barcamp Erfurt – junge Medien“

  1. Pingback: Medienkompetenz mit Wikis vermitteln – Barcamp Erfurt | Twoonix Blog

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