Mein Rückblick auf das Politcamp 2010

Genau eine Woche nach dem Politcamp komme ich nun dazu meine persönlichen Eindrücke mit euch zu teilen. Knapp 900 Teilnehmer gestalteten im Radialsystem V eine spannende Konferenz, die sich mit Politik und den Möglichkeiten, die das Netz bietet, befasste.

Jürgen Ertelt erzählte mir bei dem Seminar Web 2.0 in der politischen Bildung von der Veranstaltung und mein Interesse war geweckt. Kurz darauf besorgte ich mir ein Ticket. Auch in meinem Freundeskreis machte ich Werbung für das Politcamp, jedoch aus unterschiedlichen Gründen konnte sich keiner dafür begeistern. So bin ich also mal wieder allein unterwegs gewesen.


Foto unter CC-BY-SA 3.0 lizensiert, Fotograf: Fabian Heil

Pünktlich 9 Uhr begann letzten Samstag die Sessionplanung.  Wie man sehen kann, gab es so viele spannende Sessions, dass die Entscheidung manchmal recht schwer gefallen ist, wo geht man zuerst hin. Hier sei gleich angemerkt, dass ich am Samstag etwas verdutzt war, denn es haben sage und schreibe nur vier Frauen inklusive meiner Wenigkeit eine Diskussionsrunde angeboten. Anscheinend muss nicht nur das Web 2.0 in der Politik ankommen, sondern auch die Frauenquote sollte sich steigern. Höhepunkt des ersten Tages war um 14 Uhr die Diskussionsrunde „Politik trifft Web 2.0“ mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.


Foto unter CC-BY-SA 3.0 lizensiert, Fotograf: Fabian Heil

Mein Stundenplan sah wie folgt aus:

  • 11 Uhr: Jugendbeteiligung – alles nur Theater?
  • 12 Uhr: Interaktive Politikformate im TV
  • 14 Uhr: meine Session zum Thema: Wie können Jugendliche motiviert werden, sich für Politik zu engagieren?
  • 16 Uhr: Politische Bildung und Internet

In der ersten Session hat der Verein Jugendbeteiligung sich mit den Teilnehmern darüber ausgetauscht, wie man Teenager über Web2.0-Tools und Communities aktivieren kann, sich für Politik zu interssieren. Aufgrund eines Notfalleinsatzes und technischen Schwierigkeiten lief die erste Session nicht ganz nach Plan, sondern eher etwas durcheinander. Nach einem witzigen Theaterstück und einem Vortrag bekamen die Teilnehmer die Chance mittels des Galerieverfahrens sich zu vier Fragen zu äußern und Ideen auszutauschen.

Die zweite Session leitete Pia Nitz, Online-Redakteurin beim ZDF. Sie sprach über zwei TV-Formate, die letztes Jahr zur Bundestagswahl entstanden sind. Es war ein recht aufmunternder Vortrag, da sie uns viele Ausschnitte aus den Sendungen „Wahl im Web“ und „Erst fragen dann wählen“ zeigte. Anschließend entbrannte eine heiße Diskussion darüber, warum denn das ZDF solche TV-Sendungen produziert, wenn doch die junge Generation sich die Wahlinfos eh zuerst aus dem Netz holt. Jemand aus dem Publikum meinte, der angestrebten Zielgruppe werde in den Sendeformaten das Internet vorgelesen. Ich musste bei dieser Aussage schmunzeln. Grundsätzlich finde ich es sehr gut, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Sender auch ein junges Publikum ansprechen möchten. Jedoch frage ich mich auch, wie erfahren die Erstwähler von solchen Sendungen, wenn sie wahrscheinlich eher die privaten TV-Sender oder nur Informationen aus dem Internet konsumieren.

Interaktive TV-Formate des ZDF

Nach der Mittagspause  war ich Moderatorin meiner eigenen Diskussionsrunde, die parallel zum Auftritt von Kristina Schröder stattfand. Wer genau wie ich  die Session der Ministerin nicht verfolgen konnte, kann sich hier die Aufzeichnung ansehen. Zentrale Frage meiner Runde war: Wie kann man Jugendliche motivieren, sich für Politik zu begeistern?

Ungefähr ein Dutzend Teilnehmer, darunter auch zwei Schüler, diskutierten sehr angeregt mit mir zu der Problematik. Zunächst einmal wurde mir bestätigt, dass ein Großteil der Jugendlichen gar nicht so netzaffin ist, wie immer behauptet wird. Das Einzige was die Heranwachsenden interessiert, ist chatten oder sich in sozialen Netzwerken, wie schülerVZ oder Jappy zu verbinden. Dann hört bei dem Gros aber auch schon das Interesse im Web auf. Sie schreiben weder selbst Blogs noch konsumieren sie solche.

In unserer kleinen Runde haben wir Lösungsansätze gesucht. Zunächst sollte man also versuchen auf lokaler Ebene die Schüler zu erreichen. Denn, so glaube ich, unsere Jugend ist nicht so politikverdrossen wie man in den Medien liest. Themen, die sie betreffen, für diese machen sie sich auch stark. Allerdings werden sie dann meist in ihrem Aktionismus ausgebremst, weil sie kaum Einblicke in die politischen Vorgänge bekommen.

Die Politiker sollten öfter auch präsent in Schulen sein. Zusätzlich haben die Politiker mittels der Web 2.0-Tools die Chance, eine Transparenz zu schaffen. Man kann Jugendliche in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Unser Beispiel war die Planung eines Spielplatzes. Damit so ein Spielplatz errichtet werden kann, müssen Bauanträge und Ausschreibungen gestellt werden. Über all diese Prozesse könnte in einem Blog der Stadt oder Kommune berichtet werden, so dass die Schüler stets im Bilde sind und auch nachvollziehen können, warum es schon auch mal bis zu drei Monate dauern kann, bis so ein Spielplatz gebaut wird. Mittels der Kommentarfunktion in einem Blog können die Beteiligten direkt miteinander schnell und unkompliziert kommunizieren. Ich bin gespannt inwiefern sich die Politik auf eine solche neue Art der Verständigung einlässt.

Die letzten beiden Sessions waren eher recht trocken, aber auch interessant. Die Debatte zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verlief sehr einseitig, weil der Moderator sich nicht gegenüber den Sprechern durchsetzte. Es ging wie immer nur um das Sperren, Filtern und Zensieren von Inhalten zum Schutze der Kinder. Einerseits ist die Sorge natürlich berechtigt und das man etwas tun muss auch richtig. Aber anscheinend macht man sich da nur halbherzig Gedanken drum. In der für mich letzten Runde sprach Jöran über die Konferenz „Politische Bildung und Web 2.0„. Was da genau alles abgelaufen ist, könnt ihr gern im Blog nachlesen.

Abgerundet wurde der Abend mit einer lauschigen Grillsession. Hier habe ich die Chance genutzt mich mit einigen Teilnehmern intensiv auszutauschen und erste reflektierende Gedanken zu verarbeiten. Am Sonntag ging es dann weiter. Auch hier gab es sehr spannende Debatten. Ich schaute mir die „Wurzelwerk-Session“ und „Gefahren in social Media“ an.

Fabian berichtete wie die Grünen mit ihrem Mitgliedernetzwerk arbeiten und wie die Arbeit damit in Zukunft von statten gehen kann. Die Runde zu „Gefahren im social Mediabereich“ wurde von zwei Jugendlichen geleitet. Hier ging es v.a. um verantwortungsvollen Umgang mit persönlichen Daten im Netz und wie kann man Aufklärung betreiben. Nach der Mittagspause habe ich dann noch die Chance genutzt, Valentin Tomaschek, den Organisator des Politcamps und die beiden Vertreter der Jungen Piraten zu einem Interview vor die Kamera zu holen. Doch seht selbst:

Fazit: Für mich hat sich der Eintritt zum Politcamp gelohnt. Es gab nur spannende Sessions. Die Beteiligung der Frauen und Anzahl der jugendlichen Teilnehmer kann im nächsten Jahr ruhig steigen. Ich freue mich auf eine Fortsetzung.

2 Kommentare zu „Mein Rückblick auf das Politcamp 2010“

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