Dönerpädagogik

Ich bin in der letzten Woche über den Begriff Dönerpädagogik gestolpert. Erwähnt hatte diesen Felix in einem seiner Tweets bei Twitter. Ich habe erst gedacht, es sei ein sinnfrei erfundenes Wort. Doch bei meinen Recherchen bin ich auf etwas Interessantes gestoßen.

Geprägt wurde der Begriff von Professor Albert Scherr. Er untersuchte in einem Projekt, gefördert von der Bertelsmann-Stiftung, wie die Länder Kanada, Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit der Rassismusproblematik im schulischen Alltag umgehen.

In den untersuchten Ländern gibt es einen Konsens bei den pädagogischen Programmen, die sich für eine rassismus- und vorurteilsfreie Gesellschaft einsetzen. Alle wollen den Abbau von Vorurteilen und Feindbildern sowie die Vermittlung von Grundwerten und positiv akzentuierten Gesellschaftsmodellen, wie Zivilgesellschaften, Demokratie und multikulturelle Gesellschaft.

In Kanada, Frankreich und Großbritannien scheinen sich schulbezogene Konzepte antirassistischer und multikultureller Pädagogik als eine zentrale bildungspolitische Aufgabe durchgesetzt zu haben. Deutschland hingegen ist im internationalen Vergleich ein Entwicklungsland, laut der Studie, hinsichtlich menschenrechtlicher und antidiskriminierender Schulpädagogik.

Herr Scherr kritisiert, dass weder in der Lehrerausbildung noch in den schulischen Curricula die Themen Menschenrechtserziehung, Diskriminierung und Rassismus bislang systematisch verankert seien. Zusätzlich spitzt er seine Ergebnisse wie folgt zu und meint:

Wir lernen das an Migranten kennen und lieben, was uns schmeckt, und ignorieren die Aushöhlung des Asylrechts und die strukturelle Diskriminierung. Auch Programme zur Erhöhung des Migrantenanteils unter LehrerInnen fehlen in fast allen Bundesländern.

Schlussfolgernd daraus behauptet er, dass die in Deutschland betriebene interkulturelle Pädagogik eben eine Dönerpädagogik sei.

Ich habe leider keine Dokumente der Studie vorliegen und kann mich nur auf die in dem Zeitungsartikel erwähnten Informationen berufen. Von daher kann ich Herrn Scherr nicht zustimmen, dass in der Lehrerausbildung oder in den schulischen Curricula die Themen der Menschenrechtserziehung nicht verankert sind.

Ich musste in meinen erziehungswissenschaftlichen Seminaren auch Themen der interkulturellen Pädagogik belegen. Also ganz so weltfremd ist man dann doch nicht mehr. Allerdings ist diese Problematik sehr rudimentär angelegt. Ich würde es begrüßen, wenn auch die Didaktiken sich hinsichtlich einer multikulturellen Sichtweise öffnen würden.

Ich frage mich warum im Deutschunterricht nur Werke zugelassen sind, die von deutschen Autoren verfasst sind. Warum kann man nicht auch literarische Werke von Autoren nichtdeutscher Herkunftssprache lesen?  Auch der Geschichtsunterricht ist gerade prädestiniert dafür, sich nicht nur mit der eigenen, sondern auch mit den anderen Kulturen zu befassen. Darüberhinaus stützen Unterrichtsfächer wie Gesellschaftskunde, Politische Bildung oder der Ethikunterricht die Auseinandersetzung mit solch sensiblen Themen wie Rassismus.

Bei einem Punkt mag ich dem Professor zustimmen. Die angenehmen Sitten von fremden Kulturen werden immer gleich ohne Bedenken integriert, wie zum Beispiel die Erweiterung der Speisekarte. Der allseits beliebte Döner, der vor knapp 40 Jahren in Deutschland erfunden wurde, ist auch schon bei vielen Deutschen regelmäßger Bestandteil beim Mittagessen. Aber religiös geprägte Verhaltensweisen oder Forderungen, wie z.B. der Bau einer Moschee, werden erstmal heiß diskutiert, um diese dann am Ende zu verhindern.

Das soll jetzt nicht heißen, dass ich alle kulturellen Eigenarten ungefragt zulassen möchte, aber wenn schon diskutiert wird, dann sollte man sachlich bleiben und stereotypische Vorurteile überdenken.

In diesem Sinne bleibt nur zu hoffen, dass es in Deutschland nicht beiPädagogikdöner einem „mit alles“ oder einer Dönerpädagogik „mit gutes Fleisch“ bleibt. (Zitat Lisa Rosa)

4 Kommentare zu „Dönerpädagogik“

  1. Ich glaube mit Dönerpädagogik ist gerade die bloße Befassung von interkulturellen Inhalten im Unterricht gemeint, die stereotypische Vorurteile festigt (z. B. afrikanische Trommeln im Musikunterricht). Das ist aber ein echtes Problem der interkulturellen Pädagogik, vor allem dann, wenn universale Menschenrechte als „eurozentristisch“ angesehen werden. Das ist eine echte Zwickmühle.

    Wenn ich vom bayerischen Lehrplan ausgehe (RS), ist da jede Menge Menschenrechtserziehung und Interkulturalität drin. Allerdings bin ich auch froh, dass ich den Schüler noch die „Liebe zur bayerischen Heimat“ (Zitat BayEUG) beibringen darf. Da hapert es meiner Meinugn nach am meisten in Deutschland: wer sich nicht selbst lieben kann, kann auch nicht andere lieben.

    Ich habe mit einer Klasse auch schon heiß über Moscheebauten in Deutschland diksutiert. Wo ist das Problem? Es ist auch kein Zufall, das das ganze „Dönerpädagogik“ heißen soll und nicht „MC-Donald-Pädagogik“. Fast Food zu kritisieren gehört ja zum guten Ton der Globalisierungskritik – trotz Erweiterung der Speisekarte. Kann ich dann als Lehrer im idealen Lehrplan nachlesen, was gut und böse ist?

  2. Na das Deutsche (im Schnitt) ein sehr gravierendes Problem mit Ausländern, insbesondere Türken haben, ist nichts neues. Man bedenke den Wahlspruch „Land der Denker und Dichter“ – Es bedeutet das uns das deutsche Gedankengut verbindet und nur wer „rein Deutsch“ denkt ist auch akzeptiert. (Doch das ist so. Der Spruch „Land der Denker und Dichter“ wurde genau für diesen Zweck erdacht.)

    Die Österreicher sind aber auch nicht besser. Auch die sich am liberalsten gebenden sagen dir ganz klar ins Gesicht das du ein Piefke bist. Das das direkte Ausländerfeindlichkeit ist und das Rassismus in Österreich weit verbreitet und weit akzeptiert ist, scheint hier nur wenige zu kümmern.

    Europa ist Geschichtlich nun mal ein eine Region die quasi immer im Krieg mit allen anderen war. Hier hat man größte Angst vor der „Unterwanderung“ durch das Fremde. Ist Besserung in Sicht? Eher nicht.

  3. @Kant
    „Die“ Deutschen haben aber auch ein großes Problem mit sich selbst.
    Was ist typisch deutsch?
    a) sich die Frage ständig zu stellen, was typisch deutsch sei und
    b) nicht deutsch sein zu wollen.

  4. „Ich frage mich warum im Deutschunterricht nur Werke zugelassen sind, die von deutschen Autoren verfasst sind.“
    Wo steht das denn? In Deutschlesebüchern finden sich doch z.B. auch Geschichten vom türkischen Till Eulenspiegel, Nasreddin Hoca.

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