Schon wieder eine Reform am falschen Ende

Nun ist es offiziell. Der Berliner Senat hat die Schulreform beschlossen. Ab dem neuen Schuljahr 2010/11 wird es nur noch das Gymnasium und sogenannte Sekundarschulen geben. Was bedeutet das für das Bildungssystem?

Es werden die Haupt-, Real- und Gesamtschule zu Sekundarschulen zusammengelegt. D.h. nach dem sechsten Schuljahr können die Schüler entweder die Sekundarstufe I an einem Gymnasium oder einer Sekundarschule fortsetzen. Neu ist folgendes: am Gymnasium absolviert man nach 12 Jahren das Abitur und an der Sekundarschule nach 12 oder 13 Jahren. Während der Unterricht am Gymnasium weiterhin theoretisch bleibt, wird an den Sekundarschulen der Unterricht praxisnaher und leistungsdifferenzierter gestaltet.

Diese Reform scheint oberflächlich betrachtet dem Gros der Schülerschaft entgegenzukommen. Von nun an werden sie nicht mehr in eine Vier-Klassen-Schülerschaft untergliedert, sondern nur noch in zwei. Mit der Einführung der Sekundarschule soll für eine bessere Bildungs-Chancengleichheit gesorgt werden. Ganz nach dem erprobten Modell der Gesamtschule werden die Schüler also ab 2010/11 in der neuen Schulart unterrichtet.

Ich habe da ehrlich gesagt so meine Zweifel, ob diese Reform nicht nach hinten losgeht. Schließlich liegt die Bildung der Schüler nicht am System, sondern an den Personen, die das Wissen vermitteln. Warum gibt es nicht mal eine Bildungsreform in der Ausbildung der Lehrer? Immernoch lernt man an der Uni veraltete didaktische Theorien. Dozenten, die bald in Rente gehen und vor über 30 Jahren das letzte Mal eine Schule von innen gesehen haben, bereiten die Junglehrer von morgen vor. Irgendwas ist doch da falsch! Darüberhinaus scheint es so zu sein, dass nur wenige Lehrer an Fortbildungen teilnehmen und so auch das lehren, was sie vor 20 Jahren gelernt haben. Mit dieser Art und Weise können die Schüler natürlich nicht optimal auf das Leben vorbereitet werden.

Da sich also mit der Zusammenlegung das Wissen der Lehrer nicht verändert, gehe ich davon aus, dass die Schüler an Gymnasium und Sekundarschule auch keine besseren Leistungen erbringen. Bestes Beispiel ist die Sendung der „Superlehrer„.  Hier werden Schulverweigerer in herkömmlicherweise – frontal –  unterrichtet. Genau nach der Art, weshalb sie u.a. die Schule geschmissen haben. Wie kann das angehen? Wahrscheinlich will der Sender polarisieren. Doch das soll hier nicht weiter Thema sein.

Interessant ist wieder einmal, dass die Politik bei den Kleinen reformiert. Diese können sich auch nicht wehren. Ich hoffe, dass sich bald etwas in der Bildungspolitik hinsichtlich der Lehrerausbildung ändern wird. Vielleicht sollte ich über eine Karriere als Bildungsministerin nachdenken.

Leider kann man nun nichts mehr an der Entscheidung des Berliner Senats ändern. Also werde ich dann ab Herbst 2010/11 Lehrerin an einer Sekundarschule – auch schön, dann steht mir eine Qual der Wahl der Schultypen nicht bevor.

2 Kommentare zu „Schon wieder eine Reform am falschen Ende“

  1. Aus deinem Unterton ist heraus zu hören, dass du diese Reform für einen Fehler hälst. Aber was hat diese Reform mit schlechten Lehrern zu tun?
    Nichts. Es sind zwei verschiedene Baustellen, die du hier vermengst. Ich gebe dir ja Recht, dass man bei der Lehrerbildung und -weiterbildung unbedingt etwas tun muss. Doch darum ist doch nicht automatisch die jetzige Reform schlecht.
    Sie sorgt für mehr Chancengleichheit und neue Perspektiven. Und endlich passiert mal etwas im so verkrusteten deutschen Bildungssystem.
    Aber: es muss eine Etappe sein. Nicht das Ende einer Reform.

  2. (Folgende Meinung ist aus bayerischer Sicht)
    Diese ideologischen Grabenkämpfe langweilen wirklich. Das Geld sollten sie lieber in materielle und personelle Ausrüstung (Gerätschaften, Lehrer, Schulpsychologen) stecken. Die Qualität des Unterrichts hängt doch sehr stark von Klassengröße und Rahmenbedingungen ab. Ob die Ausbildungsinhalte an den Unis schlechten Unterricht hervorrufen glaube ich nicht. Wenn, dann ist eher die Struktur der Lehrerausbildung zu reformieren. Das Referendariat ist doch nur ein einziges Schaulaufen und Profilieren. Manche moderne, gut gemeinte Theorie an der Uni lässt sich auch nicht so leicht in der Praxis durchführen. Gerade die Unis sind doch auf dem neuesten Stand – wer denn sonst? Und in Bayern müssen Lehrer schon eine gewisse Anzahl an Fortbildungen beiwohnen.

    Ich halte es auch für sehr „mutig“ gegen altgediente Lehrer, die ihren Dienst 20, 30 Jahre verrichtet haben zu schießen. Es gibt wohl genauso viel schlechte alte wie schlechte junge Lehrer und umgekehrt. Wobei ich hier die Einteilung in „gut“ und „schlecht“ für gräuslich halte. Die pädagogische Freiheit sollten jeden überlassen sein, und es gibt viele Lehrer die einen tollen, frontalen Unterricht machen.

    So wie ich es mitbekommen habe, soll ja in Berlin innerhalb der Sekundarschule differenziert werden bzw. die Umsetzung den Schulen freigestellt werden. Da ich eher für eine Selbstverwaltung der Schulen, für schulische Vielfalt bin und jeder sich entsprechend seinen Fähigkeiten die Schule aussuchen dürfen sollte, finde ich das weniger dramatisch, aber wenig konsequent. Die große Mitte wird sich an den Sekundarschulen versuchen durchzuboxen, und die Gymnasiastenlobby wird in ihren gated communities ihren Elitestatus verteidigen wollen.
    Ich bin für jeden Tag dankbar, an dem das vielseitige bayerische Schulsystem noch Bestand hat. Die neuen Mittelschulen (anstatt Hauptschulen) geben Hoffnung zum Anlass, dass dies noch einige Zeit so bleiben wird.

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